Mit dem Habichtskraut hoch hinaus

Das Kleine Habichtskraut ist mehrjährig und gehört zur großen Familie der Korbblütler, ist also mit Kamille, Ringelblume und Löwenzahn verwandt. Es kann mit seinem Artenreichtum durchaus mit dem Löwenzahn konkurrieren: allein in Deutschland gibt es rund 180 verschiedene Habichtskrautarten, weltweit sogar über 1000.

 

Das Kleine Habichtskraut ist eine kriechende Rosettenpflanze. Dies zeigt bereits an, dass es sich auch vegetativ fortpflanzen kann, indem es Ausläufer bildet.
In meinem Garten hat es sich an sonnigen Standorten flächendeckend ausgebreitet und strahlt viele Monate im Jahr mit seinen hellgelben Blüten mit anderen Kräutern um die Wette. Bei Trockenheit werden die Blätter eingerollt, wobei die helle, lichtreflektierende Unterseite nach außen weist, um die Erwärmung zu verringern. Dieses hübsche Kräutlein ist sehr anspruchslos und kommt auch mit längeren Dürreperioden zurecht, allerdings benötigt es ausreichend Licht, um sich wohl zu fühlen. Man findet es sowohl auf trockenen Wiesen, in Waldlichtungen oder auch an Feldrändern.

 

Das Kleine Habichtskraut (Hieracium pilosella) unterscheidet sich von den meisten der nahe verwandten weiteren Habichtskräutern durch einen bis 20 cm hohen Blütenstängel, auf welchem nur ein einziges Blütenköpfchen sitzt. Die gelben Randblüten (Zungenblüten) sind auf der Unterseite rötlich gestreift. Wie bei den meisten Korbblütlern dienen diese Zungenblüten zum Anlocken von bestäubenden Insekten. In der Mitte, im Korb, sitzen die zu bestäubenden einzelnen Blüten. Das Kleine Habichtskraut blüht oftmals schon im Mai, über den ganzen Sommer hinweg bis in den Herbst hinein.

 

Auffallend am Kleinen Habichtskraut sind die Blätter: an der Unterseite sind sie mit weißem Haarflaum bedeckt, auf der Blattoberseite sitzen verstreut einige längere, abstehende Borstenhaare. Das gibt ihm ein verwegenes, beinahe tierisches Erscheinungsbild. Aufgrund der Form seiner Blätter wird es auch Mausohr-Habichtskraut genannt.

Aber das 'Tierische' ist beim Habichtskraut bereits anderweitig vergeben – durch seinen volkstümlichen Namen! Zur Herkunft des Namens gibt es zwei Auslegungen: Zum einen wird in der griechischen Mythologie erzählt, dass Habichte ihre Sehkraft durch das Habichtskraut erhalten hätten.

Mich spricht eine andere Überlieferung an: Demnach entstamme der Name den elegant geformten, Habichtsschwingen gleichen, Zungenblüten.

 

Was jedenfalls kein Zufall ist: das Habichtskraut besitzt in der Volksmedizin den Ruf, dass Waschungen mit einem Aufguss aus Habichtskraut die Sehkraft stärken würde.


In der Pflanzenkunde verwendet man das blühende Kraut, also Blätter und Blüte die zur gleichen Zeit gesammelt werden. Das Habichtskraut enthält zudem viel Gerb- und Bitterstoffe. Allerdings wurde es durch andere Heilpflanzen wie den Löwenzahn, den Wermut und die Mariendistel verdrängt, da deren Anteil an Bitterstoffen höher ist.
Trotzdem findet man vereinzelt in der Volksheilkunde Hinweise auf die Verwendung von Habichtskraut zur Herzstärkung, zur Unterstützung von Nieren und Blase, den Verdauungs- sowie den Atmungsorganen.

 

Hildegard von Bingen hat dem Habichtskraut einen Platz in ihrer Sammlung heilkräftiger Kräuter gegeben:


„Das Habichtskraut ist kalt, und gegessen stärkt es das Herz, und es mindert die üblen Säfte, die im Menschen an einer Stelle angesammelt sind. Aber der Mensch, der es isst, soll es nicht allein und einfach essen, weil es zu herb ist, und er füge ein wenig Diptam oder etwas Galgant oder etwas Zitwer wobei, und er esse es, wie vorhin gesagt wurde.“   Hildegard von Bingen - Physica

 

Aufgrund dessen, dass Hildegard von Bingen gerade die letzten Jahrzehnte wieder vermehrt ins Bewusstsein zurückgekehrt ist - was Menschen verschiedener Berufe, wie Ärzte, Historiker und Theologen zu verdanken ist - sind auch verschiedene Pflanzen wieder präsenter und werden in zunehmendem Maße von Freunden der Heilpflanzenkunde verwendet. Dazu gehört z. B. der Römische Bertram, und auch das Habichtskraut!
Geschäfte, Apotheken und Online-Plattformen bieten mittlerweile das Habichtskraut als Pulver an, entweder in reiner Form oder als Mischung mit Diptam und Galgant. Und wer weiß - vielleicht wirst auch Du Deine Erfahrung mit dem Habichtskraut machen!