Leinkraut - ein richtiges Kraftpaket

Das Echte Leinkraut gehört zur Familie der Wegerichgewächse. Unsere heimischen Spitz-, Breit- und Mittleren Wegeriche wachsen ja gerne an Stellen, welche wir Menschen regelmäßig nutzen. Und als würde das Leinkraut sich der Zugehörigkeit zu den Wegerichgewächsen bewusst sein, wächst es tatsächlich bevorzugt an Böschungen entlang von Straßen und auf Schuttplätzen.

 

Viele Namen gibt es für das Leinkraut, welche regional sehr unterschiedlich sein können. Eine kleine Auswahl habe ich hier zusammengestellt: Kleines Löwenmaul, Flachskraut, Katharinenblume, Stallkraut, Marienflachs, Hundskopf, Harnkraut und Lammkraut.

 

Die Leinkrautblüten besitzen die charakteristische Form der Lippenblütler, zu welchen auch u. a. Thymian, Taubnessel und Salbei gehören. Das Gelb der Blüten zeigt an, dass diese reich an Flavonen sind. Flavone gehören zu den Flavonoiden, eine Gruppe sekundärer Pflanzenstoffe. Diese sind wichtig, um z. B. Bestäuber für die Blüten anzulocken. Mittlerweile gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, welche den Flavonoiden eine Vielzahl heilsamer Eigenschaften zuschreiben: antibakteriell, antiviral, antioxidativ, krebsmindernd und venenunterstützend.

 

In der Fachliteratur findet sich nur wenig zum 'Flachskraut'. Lediglich Maria Treben hat ein Rezept notiert, in welchem sie Gundermann und Zinnkraut zusammen mit Leinkraut einweichte und anschließend zu Waschungen nutzte. Vor allem bei Fisteln und Hauterkrankungen setzte sie es ein.

Ich selbst merke beim Kosten der Blüte einen ähnlichen Effekt wie beim Kosten eines Eichenblattes: die darin enthaltene Gerbsäure wirkt zusammenziehend. Für mein Empfinden ist das Leinkraut ein wirksames und wertvolles Heilkraut, welches ich allerdings in roher Form nur in kleineren Mengen verwende. Ich bevorzuge es getrocknet als Tee, als Alkohol-Auszug oder äußerlich angewandt in Form von Umschlägen oder als Salbe.

 

Dass das Leinkraut sich gegenüber anderen Pflanzen behaupten kann liegt u. a. an seiner starken und tief sitzenden Wurzel, die bis zu einem Meter in die Erde reichen kann. Außerdem kann diese Pflanze sich sowohl über Insektenbestäubung als auch über vegetative Vermehrung - durch Wurzelausläufer - verbreiten. Und: pro Pflanze können bis zu 32.000 Samen produziert werden. Ein richtiges Kraftpaket, das Leinkraut!

 

Es ist immer wieder bereichernd, sich neue Heilpflanzen zu erschließen und mit ihnen in Verbindung zu gehen. Ich bin auf das Echte Leinkraut aufmerksam geworden, weil es große Ähnlichkeit mit dem Löwenmäulchen hat, welches mir öfters in Gärten begegnet.

 

Kein Zufall natürlich, denn diese beiden Pflanzen sind direkt miteinander verwandt. Ich finde es faszinierend, wie farbenfroh sowohl die Gattung Leinkräuter als auch die Gattung Löwenmäuler in Erscheinung treten und so wenig von Mutter Natur fordern: sie stehen auf kargen und trockenen Böden und strahlen mit ihren schönen Farben um die Wette. Es braucht demnach nicht viel, um zu strahlen und zu glänzen! Ich werde immer wieder gefragt für was diese oder jene Pflanze steht, was sie uns sagen möchte. Bei Leinkraut und Löwenmaul kommt mir spontan der Gedanke: Bescheidenheit, Demut und Freude.

Danke, Mutter Natur!