Aronstab - eine geschichtsträchtige Heilpflanze

Kennst Du das auch, dass in einem Jahr plötzlich eine Pflanzenart viel präsenter ist als in vorangegangenen Jahren? Letztes Jahr war es bei mir die Schafgarbe und das Klettenlabkraut. Dieses Jahr nun kamen über die Online-Schule vermehrt Bilder zu mir, welche ein Wildkraut zeigten, das speziell im Wald zu finden ist: Der Aronstab! 


 

Diese Pflanze fällt schon durch ihr Äußeres sofort auf: sie hat etwas Exotisches an sich, auch wenn er nicht größer als 40 cm wird. Das ist kein Zufall, denn Aronstabgewächse sind vor allem in den Tropen zuhause! In unseren gemäßigten Breitengraden hat sich vor allem der gefleckte Aronstab niedergelassen, bevorzugt in Mischwäldern.
Der nicht so geübte Sammler kann die Blätter des Aronstabs mit denen des Bärlauchs verwechseln, gerade wenn die Blätter jünger sind. Außerdem sind die Blätter vom gefleckten Aronstab, auch wenn der Name darauf schließen lässt, nicht immer gut sichtbar gefleckt, was die Sache auch nicht leichter macht. Die beiden Pflanzen haben die gleichen Standorte und wachsen auch gerne Seite an Seite. Allerdings sind die Blätter des Aronstabs im Gegensatz zum Bärlauch pfeilförmig und riechen nicht aromatisch nach Knoblauch.



 

Alles am Aronstab ist anders: Seine Blüte ähnelt einer sehr schmalen Kapuze. Der Aronstab ist wie viele Pflanzen monözisch, d. h. weibliche und männliche Blüten sitzen auf einer Pflanze. Jede Pflanzenart hat im Laufe der Evolution ihre Technik entwickelt, damit die weibliche Blüte (bzw. Fruchtknoten) mit dem männlichen Blütenpollen befruchtet werden kann: manche bedienen sich der Windbestäubung, andere sind auf Insekten, wie z. B. Bienen und Hummeln, angewiesen.


 

Der Aronstab hat sich hierzu etwas ganz Spezielles ausgedacht: Er besitzt - für seine Art typisch - ein einzelnes Hochblatt (Blütenblatt), welches tütenförmig eingerollt ist. Die Form ähnelt einer Flamme. Darin ist ein länglicher, brauner Kolben zu sehen, an dessen unterem Ende nahe dem Stiel sowohl weibliche als auch männliche Blüten sitzen. 
Der Aronstab lockt nun im April und Mai mit diesem braunen Kolben, welcher einen recht unangenehmen Geruch nach Urin oder Fäkalien besitzt, Insekten an - vor allem Schmetterlingsmücken; diese finden die Ausdünstungen wohl besonders attraktiv.

Kriecht nun das Insekt in die ’Tüte’, verteilt es die Pollen der männlichen Blüten auf den empfangsbereiten Narben des weiblichen Blütenstandes. Damit aber die Befruchtung auch sicher vonstatten geht klappt der Aronstab den oberen Teil der Tüte einfach nach unten und schließt das Insekt erstmal ein. Es darf dann nach maximal 24 Stunden wieder die Blüte verlassen.
Ich habe hierzu eine nette Überschrift in einem Wissenschaftsmagazin gefunden: Ein Gefängnis auf Zeit und Heizung mit Uringeruch. Denn kuschelig warm ist es allemal in der Blüte… Im Fachjargon nennt man dies Kessel-Gleitfallenblumen. ;-)



 

Damit aber nicht genug: im Sommer zeigt sich noch eine andere Spezialität des Aronstabes: seine Früchte. Die Blätter sind im Juli dann meist verschwunden - an dem ehemaligen Platz steht nun ein dicker etwa 20 cm langer Stängel, an dessen Ende traubenförmig und dichtgedrängt zuerst grüne und nach Reifung rote Beeren stehen. 


Ich habe mal ein ganz kleines Stückchen seines Blattes auf die Zunge gelegt und war erstaunt und erschrocken, wie scharf der Pflanzensaft ist. Eine Gefahr, dass Kinder versehentlich die Blätter des giftigen Aronstabs essen, gibt es also nicht. Aber die Beeren schmecken süß und sind ebenfalls giftig. Es kann zu Entzündungen und Schwellungen im Mund- und Rachenraum kommen. Manche reagieren allein bei der Berührung der Pflanze mit Hautrötungen oder Blasenbildung. Weitere Begleiterscheinung können Herzrhythmusstörungen, Krämpfe und innere Blutungen sein.

Auch für Tier ist die Pflanze sehr giftig und wird deshalb gemieden. Der Aronstab getrocknet verliert allerdings seine Giftigkeit.



 

Mir ist der botanische Name Arum maculatum aus der Homöopathie bekannt. Er wird bei Reizungen der Haut und Schleimhäute, Fieber, Müdigkeit und Erschöpfung eingesetzt.
Wenn man in alten Kräuterbüchern schaut wird’s noch spannender: J. J. Becher von Speyer beschreibt 1663: 'Die Wurzel, die trocknet, hitzet sehr, zerteilte dies, was Lungen ist beschwer.'

Hipporaktes, um 460 v C., beschreibt die Verwendung des Aronstabs bei schwerwiegenden Lungenerkrankungen. Auch andere bekannte Kräuterkundler bedienten sich des Aronstabs. Selbst in der Volksheilkunde finden sich Verweise, diesen in Form von Tee bei Bronchialkatarrh oder äußerlich als Auflagen bei Rheuma zu verwenden.
Aufgrund seiner Giftigkeit und verloren gegangenen Wissens um die genaue Dosierung der frischen Pflanzenteile wird der Aronstab heute allerdings nur noch in der Homöopathie verwendet.



 

Nun sitze ich vor diesen Zeilen, war vollständig eingetaucht in die Geschichte und Geschichten rund um den Aronstab. Und beim Zurückkommen in die Gegenwart fällt mir wieder ein, warum ich diesen Monat den Aronstab als Pflanzenportrait gewählt habe: er wurde von vielen Menschen gesehen und bestaunt. Und ich wurde gefragt, für was denn der Aronstab steht und warum er dieses Jahr in so großer Zahl wächst? Ich denke, diese Frage ist nun beantwortet. Wie so oft wachsen in der Natur die Pflanzen, welche benötigt werden - oder Pflanzen, die uns auf etwas hinweisen möchten. Und die Natur hat mich etwas gelehrt: jede Giftpflanze ist zugleich auch eine Heilpflanze, es ist eine Frage der Dosierung. Denn nichts ist nur gut oder nur schlecht.


 

Ich bin vor 3 Jahren an Borreliose erkrankt, durch einen Mückenstich. Die Borrelien haben mir Schmerzen und schlaflose Nächte verursacht. Aber ich bin nur deshalb erkrankt, weil ich davor nicht auf mich aufgepasst hatte: ich bin über meine körperlichen und emotionalen Kräfte gegangen. Nachdem ich mir dessen bewusst geworden bin und etwas an meiner Lebensweise verändert hatte ging es mir besser. Und nur, wenn ich mich zeitweise wieder vergesse, bekomme ich körperliche Hinweise - einen kleinen Fingerzeig, dass es mal wieder Zeit ist, etwas langsamer zu tun.


 

Wir können ein Bakterium wie Borrelien für Erkrankungen verantwortlich machen. Oder wir schauen, warum wir erkranken, egal wie man den Auslöser nennt.
Ich habe mich mit den Borrelien ausgesöhnt und nehme sie als Teil meines Körpers (oder Systems) an. Denn ich habe für mich erkannt, dass Annahme und Liebe letztendlich zur Heilung führt, nicht Ablehnung und Hass.


Und wenn mich Mutter Natur die letzten Jahre etwas gelehrt hat, dann ist es die Gewissheit, dass ich immer Trost und Hilfe bei ihr finden kann - ich muss nur nach draußen gehen und sie darum bitten.



 

PS: Der Aronstab steht unter Naturschutz. Er wurde 2019 zur Giftpflanze des Jahres gewählt.